Was tönte es vor dem Spiel aus München: Einen Sieg mit mehr als zwei Toren Unterschied hatte Karl-Heinz Rummenigge ausgelotet, in Antwort auf die von Uli Hoeneß attestierte Unmöglichkeit eines Unentschieden, geschweige denn einer Niederlage. Auch für Kapitän Lahm stand ein Sieg „außer Frage“, denn Dortmund solle „ruhig tönen“, wie es Hoffenheim vor seiner 4:0-Klatsche in München gemacht habe.
In Dortmund waren die Töne etwas leiser. In gewohnter Intonation wollte man in diesem „wahnsinnig reizvollen Spiel“ die „bestmögliche Leistung abrufen“ (Klopp), denn chancenlos sah Jürgen Klopp sein Team vor der Partie nicht. Etwas deutlicher war dann doch Kevin Großkreutz, der nach dem Sieg gegen St. Pauli die Bayern für „reif“ befunden und damit die Wortgefechte gewissermaßen eröffnet hatte. Das Selbstbewusstsein und das Wissen, nicht ohne Grund die Liga mit Abstand anzuführen, zeigte sich deutlich – und das nicht umsonst. Was die Elf in München ablieferte, war dem medialen Echo einer „meisterlichen Leistung“ gerecht.
Angetreten ohne ihren wegen einer Verletzung in Dortmund gebliebenen Stammkeeper Weidenfeller, für den Mitch Langerak sein Bundesliga-Debüt gab, zog die jüngste Borussen-Mannschaft aller Zeiten (Durchschnittsalter unter 23 Jahre) ihr Spiel auf wie gewohnt: laufstark, kämpferisch und mit tollem, da zügigem und präzisem, Passspiel.
Und so war es auch der BVB, der in diesem Spiel von „sehr erfahren und erfolgreich“ gegen „große Lust“ (Klopp) die erste Chance verzeichnen konnte: Schmelzer flankte auf Lewandowski, der den Ball jedoch direkt abnahm – und ihn über das Tor schoss (4.). Fünf Minuten später war es aber soweit. Nach einem Fehler von Schweinsteiger im Mittelfeld reagierte Großkreutz gedankenschneller und lief bis zur Strafraumgrenze ohne wirklich angegriffen zu werden. Der Dortmunder passte durch zu Barrios, der die Kugel an Kraft vorbei ins linke Eck schob.
Doch fast direkt im Gegenzug stand Piszczek bei einer Ecke von Ribery zu weit weg von Gustavo, der den Ball unhaltbar für Langerak versenkte (16.). Das Spitzenspiel machte seinem Namen also alle Ehre. Ebenso wie die Schwarz-Gelben, denn aufgeben gibt es da ja nicht im System von Jürgen Klopp. Drei Minuten später behielt Barrios den Ball gegen gleich vier Münchener, spielte ab auf Götze, der zu Sahin passte, und was macht der? Schlenzt den Ball aus 18 Metern ganz fein ins Eck, so wie man es auch von Arjen Robben kennt. Apropos Robben, der tauchte gar nicht auf. Mal am Ball, wurde er direkt gedoppelt, der Laufweg nach Innen versperrt. Was die Borussia dort zeigte, war eine Lehrstunde für künftige Gegner der Bayern. Ribery als andere Hälfte der berüchtigten „Flügelzange“ hatte auf links zwar mehr Platz, genutzt hat es aber dennoch nichts. Erst köpfte Schweinsteiger am Tor vorbei, dann zählte Gomez’ Treffer wegen einer knappen, aber richtigen Abseitsentscheidung nicht.
Nach dem Seitenwechsel war es wiederum der Gast aus Dortmund, der stärker seine Chancen suchte und Effektivität im Abschluss zeigen konnte. Rettete Schweinsteiger gegen Großkreutz auf der Linie und war dem Dortmunder ein fälliger Elfmeter (Lahm hatte im Strafraum mehr als ausführlich die Dehnbarkeit des Trikots getestet) verweigert worden, stand es in der 60. Minute 3:1 für den BVB: Mats Hummels übersprang nach einer Ecke von Mario Götze den ziemlich neben sich stehenden Schweinsteiger um Längen und köpfte ein. Und an diesem Ergebnis konnte auch der wohl eher aus dem Mut der Verzweiflung heraus gestartete kurze Sturmlauf der Bayern zum Ende der Partie nichts mehr ändern, auch da Langerak gegen Gomez prima reagierte (76.).
Am Ende hatten die Herren Hoeneß und Rummenigge also ihre zwei Tore Abstand, doch hatten sie sich ihren Fußballabend so sicher nicht vorgestellt. Immerhin können sie sich auf die Fahnen schreiben, dass es in München geschah, als Hans-Joachim Watzke offiziell das in Dortmund so lange so verpönte M-Wort benutzte.
Da Verfolger Leverkusen eine 2:0-Führung gegen Werder Bremen noch verspielte, hat der BVB nun zwölf Punkte Vorsprung auf seinen ärgsten Verfolger.
Weiter geht’s wie folgt:
Die Dortmunder empfangen am kommenden Freitag den 1. FC Köln, in Leverkusen gastiert der VfL Wolfsburg, während zwischen Hannover 96 und den Bayern das eigentliche Spitzenspiel um den dritten Champions League-Platz steigt.